Väter – alles anders?

- Kategorie : Familienleben
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Kürzlich kam mein Mann amüsiert von einem Termin. Sein Geschäftspartner hatte ihn gelobt: „Das ist aber schön, dass Du Deiner Frau mit den Kindern so hilfst.“ Ein Satz, der eine grundlegende Einstellung offenbart.

Der Geschäftspartner war auch gerade zum zweiten Mal Papa geworden und auch er „hilft“ seiner Frau – aber alles in Maßen, gell, denn schließlich ist er ja auch sehr erfolgreich und wichtig in seinem Beruf. Der Gedanke hinter so einem Satz ist klar:

Kinder sind Frauensache.

Bei uns aber nicht. Wir machen 50:50. Echt und wirklich. Und das geht!

Natürlich steht es allen Familien frei, die Aufteilung von Carearbeit anders zu treffen. Aber mir war der partnerschaftliche Zugang schon immer ein Anliegen. Schon lange vor unserem ersten Kind hatte ich klargestellt, dass ich Kinder nicht alleine bekomme sondern nur mit einem starken Partner gemeinsam. So bin ich, das ist „mein Paket“, war es schon, als ich meinen Mann kennengelernt habe, und ich kann mich noch erinnern, wie er zunehmend diesen Standpunkt in zahlreichen Diskussionen unter Freunden geteilt hat.

So sehr es durch Vaterkarenz und Teilzeitanspruch Impulse in Richtung vollwertiger Vaterschaft gibt, was gut und absolut richtig ist, so sehr ist unsere Gesellschaft aber noch immer in klassischen Rollenklischees verhaftet. Viele unserer Freunde sind zB der Meinung, so unverzichtbar in ihrem Job zu sein, dass Teilzeit gar nicht möglich sei. Seltsamer Weise sind deren Frauen zwar ebenfalls hochgebildet, aber offenbar dann doch nicht mal annähernd so unverzichtbar in ihrer Arbeitswelt. Bleibt die Frage: Wo sind sie, die neuen Väter?

Ich weiß wohl, dass ich mich unbeliebt mache (und die Titulierung „Emanze“ ist da noch eher von der gelinden Sorte), aber ich stelle die Behauptung auf, dass in 80% aller Familien mit etwas mehr gedanklicher Flexibilität eine umfassendere Beteiligung der Väter möglich wäre.

Glücklicherweise gibt es inzwischen immer mehr starke Männer, die auch in ihrem beruflichen Umfeld klarstellen, dass sie als Väter leben wollen. Stark ist das, weil sie voll für ihre Kinder da sein wollen. Stark ist das auch, weil sie den Schneid haben, sich möglicher Weise einige hochgezogene Augenbrauen einzufangen – vom Chef und von Kollegen. Denn – siehe oben – Männer müssen in der Arbeitswelt noch immer ihren „Mann“ stehen und der geht gefälligst nicht in Karenz.

Als unser erster Sohn 6 Monate alt war, bewarb sich mein Mann in einer neuen Firma. Ohne Anspruch auf Elternteilzeit merkte er beim Bewerbungsgespräch dennoch an, dass er gerne Teilzeit machen würde. In dem Unternehmen (eine der großen internationalen Steuerberatungskanzleien) hat das zuerst mal für Überraschung gesorgt. Das müsse man intern besprechen. Nach einer Woche erhielt mein Mann dann die Zusage des Unternehmens. Zum Job und zur Elternteilzeit – unterhalb der Zusage war der vergessene Rattenschwanz an interner Diskussion des „Anliegens“ meines Mannes mit der Conclusio: Machen wir, weil es die Corporate Identity stärkt. Er war zu der Zeit der erste Mann in Elternteilzeit in diesem Unternehmen (zumindest in Österreich, wie es weltweit aussah, ist uns nicht bekannt).

Aber jetzt mal Heldentum beiseite. Auch für Mütter ist es eine Herausforderung, wenn der Mann tatsächlich ein „vollwertiger“ Vater sein muss.

Mamas müssen Vätern Raum geben

Meine erste und wichtigste Lektion, die ich gelernt habe: Halt Dich raus, wenn Mann das Kind badet. Auch wenn er das Baby nicht exakt so dabei hält, wie es Dir im Krankenhaus gezeigt wurde.

Oder wenn Papa das Kind anzieht (wurscht, ob die Farben passen oder der Pulli vielleicht mal falsch herum ist). Oder wenn er mit dem Kind kocht (auch wenn Du findest, dass Dein Kind die Karotten doch nicht mit dem großen Messer schnippeln sollte). Oder mit dem Kind auf den Spielplatz geht (auch wenn Du meinst, er sollte bei der Rutsche noch lieber dabei stehen).

Ich habe mir 100 Mal meine Anmerkungen und RatSCHLÄGE (ja, genauso kann guter Rat auch gegeben werden) verkniffen.

Papa macht Dinge einfach anders als Mama.

Ist so. Ist gut so. Während ich Montessori-Bücher gelesen habe, hat mein Mann ganz ohne Bücher Montessori gelebt. Er hat unseren Kindern oft so viel mehr zugetraut als ich es hätte, und er hatte recht.

In vielen Foren habe ich unzählige Kommentare von Müttern darüber gelesen, dass die jeweiligen Papas die Windeln falsch rum angezogen haben *haha*, den dunkelbraunen Body zur dunkelblauen Hose angezogen hat („Augenkrebs!“), dass das Kind immer aussieht wie ein abgerissener Papagei, wenn Papa es kleidet und so weiter und so fort. Liebe Mamas – haltet Euch raus. All das sind Kinkerlitzchen, und wenn Ihr wollt, dass Euer Partner seine Rolle gleichwertig ausfüllt, dann müsst sie ihn auch gleichwürdig ausfüllen lassen. Augenrollen, „was hast Du denn da wieder gemacht“, „geh, lass mich das machen“ – all das sind Anmerkungen, die völlig kontraproduktiv sind und mal ehrlich – Ihr würdet Euch das auch nicht sagen lassen.

Klar, Mamas sind nicht „schuld“ daran, dass so viele Väter sich dann doch lieber ins Büro zurück ziehen. Aber Mamas können eine Stimmung des produktiven Gemeinsamen so auch gehörig ruinieren.

Zurück zu uns: Tatsache ist, dass es für uns letztlich auch der einzig gangbare Weg war, dass wir uns die Kinderbetreuung nachhaltig und dauerhaft teilen. Natürlich ist eine Papakarenz von 6 Monaten eine schöne Sache (und besser als gar nichts) – wir alle wissen aber, dass ein Kind mit einem Jahr nicht selbständig ist und was dann? Geteilte Betreuung ist ein Konzept für die nächsten 12, 13 Jahre – eines ohne Ablaufdatum. Und eigentlich ein ganz naheliegendes:

Weil wir Partner sind. I don't babysit. I parent.

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