Der Corona-Marathon der Eltern

- Kategorie : Familienleben , Insights
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Als 4-fach-Mama war ich heute schon: Lehrerin – für zwei Schularten (Volksschule und Gymnasium) und drei Schulstufen, Kindergarten-Erzieherin, habe gleichzeitig zuerst im Homeoffice gearbeitet und bin dann ins Büro gefahren, um die Stellung zu halten, damit unsere Bestellungen auch rausgehen können. Versandmitarbeiterin, Reinigungskraft, Lagerarbeiter. Ich mache alles. Daneben fallen „allgemeine Tätigkeiten“ an, wie aufräumen, kochen, einkaufen – auch für die Omas. Denn die sollen nicht raus und unsere Kinder sowieso schon gar nicht zu ihnen.  

Ich hab es gut: Ich teile mir alle innerfamiliären Aufgaben 50:50 mit meinem Mann. Gleichzeitig bin ich mir bewusst, dass das im Großteil der Familien nicht so gleichteilig läuft. 

Eltern leisten gerade Enormes

Mehr denn je sind Familien auf das Konzept der Kleinstfamilie zurück geworfen. Ein wenig höre ich schon den Einwand: „Aber ihr wolltet doch Kinder….“ Natürlich! Nur ist das Konzept Kinder menschheitsgeschichtlich gesehen noch nie eine Aufgabe von 1-2 Erwachsenen gewesen sondern war immer schon etwas, was sich auf einen Familienverbund, Dorfverbund – auf eine breitere Basis – verteilt hat. Sinnvoller Weise, denn ohne Kinder wäre eine Gesellschaft ja naturgemäß an ihrem Ende angelangt. 

Derzeit fallen Schulen weg, Kindergärten weg und Großeltern sowieso. Babysitter? Fehlanzeige. Und vor allem: Viele können sich das auch gerade gar nicht mehr leisten.

Gerade Frauen sind jetzt wieder vielfach auf "Heim und Herd"abonniert. Und so werden auch nach der Corona Krise Frauen feststellen, dass sie wieder ein paar hart erkämpfte Schritte vorwärts Richtung wirtschaftlicher Gleichberechtigung zurückgeworfen sind. 

Homeschooling ist nicht easy

Während Du Deinen 12-Jährigen motivierst, Englisch zu machen, kontrollierst Du die Rechnungen deines Volksschul-Viertklässlers. Der Fünfjährige will auch arbeiten – wie geht die 2? Mails trudeln ein, Kunden warten auf Antwort. Sch… fast die Zoomkonferenz mit den Volksschul-Lehrern verpasst. Die findet jetzt nach Ostern 2 x pro Woche statt. Die Abholfrist für die Bücher war zwischen 11:00 und 15:30. Da war ich im Büro. 

Der 14-jährige ist sauer, weil die Bio-Lehrerin es noch immer nicht heraußen hat, wie sie Abgabefristen bei Teams eingibt. Aufgaben werden um 23:15 verteilt und sind *heute* fällig. Manche Lehrer haben sich überhaupt schon lang nicht mehr gemeldet. 

Andere sind aktiv und für die Kinder laufend erreichbar. Manche sind sehr gut darin einzuschätzen, wieviel zu Hause zu schaffen ist, geben Feedback, sind positiv. Es gibt Lehrer, die gerade die Gelegenheit nutzen, abseits vom Lehrplan spannende Projekte anzuregen, die den Kindern auch Spaß machen. 

Manche überfordern Kinder. Und Eltern. Eine befreundete Mama hat mir kürzlich ein Mail einer Lehrerin an die ganze Klasse (die Kinder sind 12 Jahre alt) gezeigt. „Guten Morgen 2G! Als gesamte Klasse habt ihr eine schlechte Arbeitshaltung im Home-learning gezeigt“, steht da und „Das wird sich natürlich auf die Noten auswirken! Punkt 1.-3. sind zu erledigen.“ Darunter ein eingescannter Text zur Romanik. Die Dame unterrichtet Bildnerische Erziehung. Könnte das nicht gerade jetzt eins der Fächer sein, die so richtig Spaß machen könnten? Zum Glück ist das keine unserer Lehrerinnen. Aber immer wenn ich lese oder höre, dass eine gesamte Klasse schlecht, schlimm, wild sei, beschleicht mich das Gefühl, dass es vermutlich weniger an der inhomogenen Gruppe der über 20 Kinder liegt sondern vermutlich an der Person des Lehrers. 

Aber ganz grundlegend zeigt sich: Unsere Schulen sind weit weg von digital. Und es macht sich das Gefühl breit, dass es wohl klare Leitlinien geben müsste, die einen Rahmen geben. Auch für die Lehrer – für die einen, um sich vor Überlastung zu schützen, die eine ständige Erreichbarkeit und Aufmerksamkeit unweigerlich irgendwann nach sich zieht. Und für die anderen, um ihnen den nötigen Input für sinnvollen Online-Unterricht zu geben. Hier gibt es viel zu tun und viel aufzuholen. Wichtige Entwicklungen, die zwischen Debatten, ob es Noten oder mündliche Beurteilungen sein sollen, in den vergangenen Jahren untergegangen sind. 

Die nächste Krise ist schon da

Und während ich das schreibe kommt als Newsticker die Information, dass in ganz Europa extreme Trockenheit herrscht. Waldbrände überall. Ernteausfälle drohen. 

Für einige Wochen hat Corona uns von der noch viel größeren Krise abgelenkt, die sich schleichend aber täglich prekärer in unser Leben drängt: Die Klimakrise. 

Corona hat uns gezeigt, wie schnell wir umdenken können, wenn wir müssen. Das Gefährliche an der Klimakrise ist, dass sie nicht von jetzt auf gleich da ist. Aber wer sich mal fragt, wann es das letzte Mal ausgiebig geregnet hat und wieviel es vor 5-10 Jahren geregnet hat im Vergleich zu jetzt, wird schnell unruhig. 

Vielleicht könnte Corona für uns doch auch eine Gelegenheit sein. Eine Gelegenheit für den Absprung aus manchem Wirtschaftswahnsinn, der nur mehr in quantitativem Wachstum besteht, während Qualität auf der Strecke bleibt. Eine Gelegenheit, um sich zu besinnen, dass regionale Produktionen in vielfacher Weise einen besonderen Wert haben: Durch die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort, durch die Herstellung höherwertigerer Güter. 

Sicher – aus meinem Bereich gesprochen – eine Näherin in Österreich ist horrend teuer, vergleicht man mit einer Näherin in Bangladesh. Aber vielleicht ist das jetzt eine gute Gelegenheit sich zu fragen: Macht es uns wirklich glücklich viele, möglichst billige Produkte zu kaufen und wieder zu kübeln? Wären wir nicht besser beraten mit wenigeren, dafür aber hochwertigeren Produkten? Ich denke, in der eigenen Geldbörse würde das Setzen auf Qualität statt Quantität am Ende kaum einen Unterschied machen. 

Darum einmal mehr: Wir bleiben bei unserer regionalen Produktion. Wir wissen, dass unser Einkommen geringer ist, zumal wir auf der einen Seite höhere – europäische – Produktionskosten haben, aber auf der anderen Seite im Endverbraucher-Preis immerzu mit Produkten aus Bangladesh oder China verglichen werden. Trotzdem. Mir ist es das wert. Und Euch? 

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